Die Leopoldina veröffentlichte ein Diskussionspapier „Soziale Medien und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“. Eine eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um den Psychologen Prof. Dr. Ralph Hertwig (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin), die Psychologin Prof. Dr. Silvia Schneider (Ruhr-Universität Bochum) und den Informatiker Prof. Dr. Johannes Buchmann (Technische Universität Darmstadt) bewertet die aktuelle Studienlage und adressiert die Politik mit konkreten Handlungsempfehlungen zum Schutz junger Menschen im digitalen Raum.
Link zum Disskussionspapier:
Hier eine Zusammenfassung über Microsoft Copilot:
Das Diskussionspapier der Leopoldina mit dem Titel
„Soziale Medien und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ (2025) bietet eine umfassende, interdisziplinäre Analyse der Chancen und Risiken sozialer Medien für junge Menschen.
Hintergrund und Zielsetzung
- Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit verschlechtert.
- Soziale Medien gelten als ein zentraler Risikofaktor, neben Pandemien, Klimawandel und anderen Megatrends.
- Ziel des Papiers ist es, wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für Politik, Bildung und Gesellschaft zu formulieren.
Forschungslage
Nutzungsmuster
- Bereits Kinder unter 10 Jahren nutzen regelmäßig soziale Medien, v. a. TikTok.
- Die Nutzungsdauer steigt mit dem Alter; Jugendliche verbringen durchschnittlich 3,5 Stunden täglich auf sozialen Plattformen.
- 21 % zeigen riskantes, 4,7 % suchtartiges Nutzungsverhalten.
Chancen
- Soziale Medien fördern Selbstausdruck, soziale Unterstützung, politische Teilhabe und Zugang zu Informationen.
- Besonders für vulnerable Gruppen wie LGBTQ+ bieten sie wichtige Räume der Vernetzung.
Risiken
- Intensive Nutzung steht im Zusammenhang mit Depressionen, Angst, Schlafstörungen, Essstörungen und suizidalen Gedanken.
- Besonders betroffen sind Mädchen und Jugendliche in sensiblen Entwicklungsphasen.
- Längsschnittstudien und Interventionsstudien deuten auf kausale Zusammenhänge hin.
Schutzmaßnahmen
Regulierung
- EU-Recht (DSA, DSGVO, AVMD-RL) sieht Schutzmaßnahmen vor, z. B. Altersverifikation, sichere Voreinstellungen, algorithmische Transparenz.
- Nationale Regelungen sind durch EU-Vollharmonisierung begrenzt.
- Andere Länder wie Australien und einige US-Bundesstaaten gehen mit strengeren Verboten voran.
Bildung
- Medienkompetenz soll gestärkt werden, aber Umsetzung in Schulen ist oft mangelhaft.
- Smartphoneverbote in Schulen zeigen gemischte Ergebnisse, könnten aber Teil eines Schutzkonzepts sein.
Wirtschaft und Technik
- Plattformen bieten Schutzfunktionen, die aber oft deaktivierbar sind.
- Technische Lösungen wie EUDI-Wallets, Zero-Knowledge-Proofs und KI-Moderation werden diskutiert, bergen aber Datenschutzrisiken.
Handlungsempfehlungen
- Verbot von Social-Media-Accounts für Kinder unter 13 Jahren.**
- Altersgerechte Gestaltung von Plattformen für Jugendliche (13–17 Jahre)**: keine personalisierte Werbung, keine Autoplay-Funktion, keine Live-Streams.
- Elterliche Begleitung** für 13–15-Jährige durch technische Tools.
- Verlässliche Altersverifikation** mit datenschutzfreundlichen Lösungen.
- Smartphoneverbot in Schulen bis Klasse 10**, kombiniert mit digitalem Bildungskanon.
- Gesellschaftliche Aufklärungskampagne** durch das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit.
- Stärkung unabhängiger Forschung** und gesetzlich geregelter Datenzugang für Wissenschaft.
Fazit und Ausblick
- Die Risiken sozialer Medien sind erheblich und betreffen nicht nur Individuen, sondern auch das Gesundheitssystem und den sozialen Zusammenhalt.
- Eine altersdifferenzierte Schutzstrategie ist notwendig.
- Die rasante technologische Entwicklung (z. B. KI-basierte Avatare, Intimitätsökonomie) erfordert eine umfassende Strategie für digitale Resilienz und Souveränität.